Solaranlage kaufen oder mieten? Ein Vergleich der Wirtschaftlichkeit
Neben dem klassischen Kauf gibt es inzwischen die Möglichkeit, eine Solaranlage zu mieten. Für wen lohnt sich das? Einen Vergleich zwischen Kauf und Miete einer Solaranlage hat der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Andreas Löschel hat in einer Studie berechnet.
Prof. Löschel ist Professor für Umwelt-/Ressourcenökonomik und Nachhaltigkeit an der Ruhr-Universität Bochum, seit 2011 Vorsitzender der Expertenkommission “Energie der Zukunft” der Bundesregierung, und Leitautor des Weltklimarats der Vereinten Nationen. Die FAZ zählte ihn mehrfach zu den 50 einflussreichsten Ökonomen in Deutschland.
Die Studie rechnet mehrere Szenarien mit unterschiedlichen Annahmen etwa über Investitions-, Betriebs- und Wartungskosten, Inflationsrate und Zinshöhe. Als Grundlage dienen unter anderem die Studie “Stromgestehungskosten Erneuerbare Energie” des Fraunhofer Instituts (ISE) sowie die Studie “Sinnvolle Dimensionierung von Photovoltaikanlagen für Prosumer” der HTW Berlin im Auftrag der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Das Ergebnis der Studie am Beispiel einer Solaranlage mit Batteriespeicher: In Summe unterscheiden sich die Gesamtkosten kaum und hängen vor allem von den Annahmen und der Ausgestaltung der Angebote ab. Entgegen gängiger Annahmen ist die Miete damit nicht prinzipiell weniger wirtschaftlich als der Kauf, wenn alle Kostenbestandteile einbezogen werden.
“Unterm Strich sind die finanziellen Unterschiede bei ‘Miete’ gegenüber ‘Kauf’ in den meisten Fällen gering, besonders über den langen Zeitraum betrachtet. Die Wirtschaftlichkeit hängt vor allem von den Annahmen und der Ausgestaltung der Angebote ab”, erklärt Prof. Löschel.
Die Studie stößt jedoch auch an methodische Grenzen. So nutzt die Studie Kostenangaben für Photovoltaik-Anlagen im Kauf, die deutlich unter den heutigen Kosten liegen. Lieferengpässe während der Covid-Pandemie hatten hier zu spürbar höheren Preisen geführt. Auch weitere Annahmen, z.B. über eine plausible Inflationsrate, können diskutiert werden. Viele Faktoren ändern sich rasch, sodass sich Verbraucher immer wieder ein eigenes Bild machen müssen.
Zudem sind individuelle Angebote oft nicht direkt miteinander vergleichbar. Wer viel Wert legt auf eine integrierte Softwarelösung, die auch in Zukunft weitere Produkte wie eine Wallbox oder Wärmepumpe intelligent vernetzt, der ist mitunter bereit, hierfür einen Aufpreis zu zahlen.
Ein weiteres Ergebnis der Studie ist jedenfalls: Über ihre Lebenszeit kann eine Solaranlage noch immer eine deutlich positive Rendite erzielen.
Egal, wie man sich entscheidet: Eine Solaranlage lohnt sich langfristig immer. Für den eigenen Geldbeutel, vor allem aber für das Klima und die Zukunft von uns und unseren Kindern.
Im Folgenden sind Auszüge aus der Studie “Solaranlage mieten oder kaufen? Ein Vergleich der Wirtschaftlichkeit” von Prof. Andreas Löschel im Wortlaut dargestellt.
Vergleich der Alternativen
Dieser Kurzstudie und den Ergebnissen zur Wirtschaftlichkeit der verschiedenen Alternativen liegen eine Reihe unterschiedlicher Annahmen zugrunde. Es werden Annahmen über die Strompreisentwicklung, die Inflations- und Zinserwartung sowie die Betriebs- und Wartungskosten der PV-Anlage diskutiert und Zahlungsströme durch einen kalkulatorischen Zins miteinander aufgerechnet.
Diese Wirtschaftlichkeitsrechnung kann aber etliche Unsicherheiten hinsichtlich des Entscheidungsfindungsprozesses der Haushalte nicht abbilden. Beim Vergleich der Alternativen „Weiter so“, „Miete“ oder „Kauf“ könnten sich so in etlichen Fällen andere Vorteilhaftigkeiten bei der individuellen Kosten-Nutzen-Abwägung ergeben.
Die verhaltensökonomische Forschung hat gezeigt, dass Menschen nicht wie ein „Homo oeconomicus“ im engeren Sinne ausschließlich finanzielle Einnahmen und Ausgaben gegeneinander abwägen. Stattdessen spielen möglicherweise auch Faktoren, wie etwa:
- der Wille einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten,
- der Wunsch nach Autonomie,
- die Aversion gegen Unsicherheit und finanzielle Verluste
- oder die unterschiedlich starke Wahrnehmung verschiedener Zahlungsströme
eine Rolle in der Entscheidung in eine PV-Anlage zu investieren, und ob diese gekauft oder gemietet werden soll. Diese Faktoren und ihre Beeinflussung der individuellen Kosten-Nutzen-Abwägung sollen kurz erläutert werden. Tabelle 1 fasst die Abwägungen zusammen und stellt farblich dar, wie die Faktoren die PV-Anlagen-Entscheidung beeinflussen.
Die Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben nimmt an, dass der Haushalt beide Finanzflüsse gleich gewichtet und Risiken rational abwägt. Die Forschung hat diese Annahmen im allgemeinen Fall bereits widerlegt, sodass möglicherweise auch für den speziellen Fall der PV-Anlagen-Investitionen ein anderes Entscheidungskalkül relevant ist. So zeigt der repräsentative deutsche Haushalt eine Aversion gegen Risiken (Werthschulte und Löschel, 2021).
Risiken und Unsicherheit bestehen prinzipiell in jeder Entscheidung, auch im „Weiter so“-Szenario, sind aber am stärksten beim Kauf einer PV-Anlage ausgeprägt. Neben dem Risiko der Strompreisentwicklung, sind hier Kapitalmarktrisiken, politische Risiken bezüglich der Einspeisevergütung und vor allem Risiken für notwendige Reparatur- und Wartungsarbeiten zu beachten. Diese Risiken kann das Mietmodell zum Teil abmildern. Allerdings bestehen hier langfristige Verträge mit teils komplexer Ausgestaltung und entsprechend spielt die Ausgestaltung im Einzelnen eine herausragende Rolle.
Bei geeigneter Vertragsgestaltung dürfte das Mietmodell risikoaversen Personen entgegenkommen.
Hinzu kommt die Aversion gegenüber Verlusten. Menschen gewichten Einnahmen und Ausgaben nicht gleich, sondern gewichten Ausgaben stärker in ihrem Entscheidungskalkül. Auch dies spricht sehr deutlich gegen das Kaufmodell. Die Verlustaversion erklärt aber auch eine Verzerrung hin zum Status quo. Individuen bleiben gerne im Business-As-Usual-Szenario um mögliche Verluste zu vermeiden. So erklärt die Verlustaversion auch das Ausbleiben notwendiger Energieeffizienzinvestitionen, auch wenn dadurch höhere Einnahmen möglich wären (Hertel, 2019).
Weiterhin gibt es eine unterschiedliche Wahrnehmung der verschiedenen Zahlungsströme. So werden möglicherweise aufgrund eines Gegenwartsfokus sofortige Investitionskosten stärker wahrgenommen als die zukünftigen Einnahmen und Ausgaben. Ein solcher Gegenwartsfokus spielt beispielsweise im Stromverbrauch und bei Energieeffizienzinvestitionen eine große Rolle. Menschen mit Gegenwartsfokus würden somit eher nicht in PV-Anlagen investieren, tun dies aber eher in dem Mietmodell mit geringeren sofortigen Kosten als im Kaufmodell. Nach eigenen Ergebnissen besitzen 15 Prozent der deutschen Bevölkerung einen solchen Gegenwartsfokus (Werthschulte und Löschel, 2021).
Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen pro-soziale Präferenzen haben. Dabei beziehen sie nicht nur Nutzen auch aus dem Wohlbefinden anderer, sondern auch aus dem Akt zu diesem Wohlbefinden beizutragen. Dies wird als unreiner Altruismus bezeichnet, und erklärt beispielsweise die Existenz von freiwilligen CO2-Ausgleichen (Kesternich, Löschel und Römer, 2014). Ein solcher unreiner Altruismus spricht auch für die Investition in eine PV-Anlage, sowohl per Miet- als auch per Kaufmodell. Man leistet selbst einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Energiewende, was sich positiv auf die gesamte Gesellschaft auswirkt.
Ein weiterer Faktor, der neben der Ausgaben-Einnahmen-Rechnung, für die Investition in eine PV-Anlage spricht, ist der Wunsch nach Autonomie. Studien zeigen, dass Menschen ein inhärentes Bedürfnis nach Unabhängigkeit haben und auch bereit sind, für diese Unabhängigkeit mehr zu zahlen. Auch bei der Entscheidung den Stromanbieter zu wechseln, gibt es Belege für den Einfluss des Wunsches nach Autonomie (Feldhaus et al., 2022). Ein solcher Wunsch nach Autonomie steht klar im Zusammenhang mit dem Wunsch nach selbsterzeugtem Strom und könnte somit die PV-Anlagen-Investition erklären.
Autonomie-Präferenzen sprechen eher für das Kauf- als das Mietmodell. Die PV-Anlage wäre sofort im eigenen Besitz. Diese Logik gilt besonders dann, wenn ausreichend Eigenkapital vorhanden ist und auf eine Fremdkapitalfinanzierung verzichtet werden kann. Beim Mietmodell geht die Anlage später in den persönlichen Besitz über und trägt dementsprechend erst dann voll zum Autonomiegefühl bei.
Diese verhaltensökonomischen Faktoren und ihr Einfluss auf die Entscheidung eine Solaranlage zu mieten oder zu kaufen bedürfen weiterer Untersuchungen. Die oben genannten Zusammenhänge leiten sich aus bestehender Forschung ab, sind aber bisher nicht konkret empirisch belegbar.
Um besser zu verstehen, warum Menschen eine Solaranlage mieten oder kaufen, und wie bestehende Barrieren zu beiden Modellen weiter abgebaut werden können, ist die empirische Überprüfung der Hypothesen notwendig. Andernfalls werden mögliche Kundengruppen nicht, oder sogar auf die falsche Art, angesprochen, und mögliche Potenziale des Kauf- und Mietmodells einer Solaranlage bleiben ungenutzt. Eine erste Einordnung ist aber durchaus möglich dazu, wie die verschiedenen nicht berücksichtigten Entscheidungsfaktoren die Vorteilhaftigkeit beeinflussen.
In Tabelle 1 steht „grün“ für eine höhere Vorteilhaftigkeit der Variante gegenüber der durchgeführten Wirtschaftlichkeitsrechnung, „gelb“ für eine Unveränderte oder unklare Auswirkung und „rot“ für eine Verschlechterung der Kosten-Nutzen-Abwägung für die jeweilige Entscheidungsvariante. Es wird deutlich, dass die Vorteilhaftigkeit des „Weiter so“-Szenarios durch die Fokussierung auf rein finanzielle Entscheidungsfaktoren überschätzt wird, während die positiven Aspekte der Entscheidung für eine Solaranlage unterschätzt werden. Insbesondere das Mietmodell hat bei einer entsprechenden Ausgestaltung des Mietvertrags viele nicht erfasste nicht-monetäre Vorzüge. Für viele Entscheider dürfte sich die Vorteilhaftigkeiten insofern anders darstellen als die Berechnungen das ausweisen.
Ausgangslage
Für das Fallbeispiel betrachten wir einen Musterhaushalt, der die Investition in eine PV-Anlage mit einem Batteriespeicher erwägt. Die Zahlen zu diesen Berechnung kommen insbesondere aus der Studie der HTW Berlin für die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2019 (HTW, 2019), der Studie der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zu Pachtmodellen für Photovoltaik aus dem Jahr 2017 (VZ NRW, 2017) und der Studie des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme zu den Stromgestehungskosten von erneuerbaren Energien aus dem Jahr 2021 (Fraunhofer ISE, 2021).
In unserem Beispiel hat die PV-Anlage eine installierte Leistung von 8,1 Kilowatt (kWp), der durchschnittlichen Anlagengröße im Enpal-Portfolio.[1] Dazu kommt ein Batteriespeicher mit einer Kapazität von 10 kWh, um den Solarstrom vom eigenen Dach auch abends und nachts nutzen zu können. Eine Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern verbraucht durchschnittlich zwischen 4.800 und 5.500 kWh Strom pro Jahr. Hier wird der „typische Stromverbrauch“ im „Familie Mustermann“-Szenario von HTW (2019) von 4.500 kWh unterstellt.
Die erzeugte Strommenge und die Eigenverbrauchsquote sind zentrale Faktoren der Wirtschaftlichkeitsrechnung. Hier soll HTW (2019) und VZ NRW (2017) folgend von einem jährlichen Anlagenertrag von 960 kWh Produktion pro kWp Leistung ausgegangen werden. Dieser Wert für eine PV-Anlage entspricht mit gegebenem Nutzungsprofil (werktags viel zu Hause bzw. regelmäßiger mittäglicher Stromverbrauch) und einem PV-Generator, der um 35° nach Süden ausgerichtet ist, etwa dem Standort Stadt Bochum. Stromernten können mit dem Photovoltaic Geographical Information System der gemeinsamen Forschungsstelle der EU-Kommission ermittelt werden (unter https://re.jrc.ec.europa.eu/pvg_tools/en/#PVP).
Die Solaranlage liefert in unserem Beispiel 7.776 kWh jährlichen Stromertrag. Dieser Solarstrom ist besonders dann vorteilhaft, wenn er den Fremdbezug von Strom ersetzt. Der dann eingesparte Strompreis ist mit mehr als 34 Cent/kWh für den November 2021[2] deutlich größer als eine mögliche Einspeisung in das Netz mit einer gesetzlich garantierten festen Einspeisevergütung von etwa 7 Cent/kWh gemäß EEG 2021 bei Inbetriebnahme im November 2021[3].
Der Vorteil der Eigenversorgung gegenüber der Netzeinspeisung bei Gleichzeitigkeit von Strombedarf und Erzeugung beträgt für den November 2021 etwa 27 Cent/kWh. In den Rechnungen ergeben sich nur etwa 25 Cent/kWh, da vom durchschnittlichen Strompreis von 32,16 Cent/kWh für das Jahr 2021 nach der Strompreisanalyse des BDEW ausgegangen wird.[4] Die Eigenverbrauchsquote kann mit dem Unabhängigkeitsrechner der HTW Berlin berechnet werden (siehe https://pvspeicher.htw-berlin.de/unabhaengigkeitsrechner/#).
Für unser Beispiel (Jahresstromverbrauch 4.500 kWh, Photovoltaikleistung 8.1 kWp und nutzbare Speicherkapazität 10 kWh) ergibt sich ein Eigenverbrauchsanteil von 45,5 %, d.h. fast die Hälfte des Solarstroms kann vom Haushalt direkt verbraucht (19,0 %) oder zur Ladung des Batteriespeichers genutzt werden (26,5 %). Der Rest, also 54,5 %, werden in das Netz eingespeist.
Der Anteil des Eigenverbrauchs sinkt mit steigender PV-Leistung. Es ergibt sich im Beispiel ein Autarkiegrad von 76,1 %. Das bedeutet, dass mehr als Dreiviertel des Stromverbrauchs durch das Photovoltaik-Speichersystem abdeckt wird, entweder durch gleichzeitigen Direktverbrauch (35,1 %) oder durch Batterieentladung (41,0 %). Lediglich 23,9 % des Stromverbrauchs werden als Reststrombedarf aus dem Netz bezogen. Die Ausgangslage ist in Tabelle 2 und im Anhang dargestellt.
Tabelle 2: Ausgangslage im Fallbeispiel
Ausgaben
Um die Kosten der Installation einer PV-Anlage zu ermitteln, sind neben den Investitionskosten auch Betriebs- und Reparaturkosten zu berücksichtigen. Die Investitionskosten für eine Photovoltaik-Anlage sind in den letzten Jahren stark gesunken. Fraunhofer (2021) geht von spezifischen Anlagekosten bei einer aktuellen PV-Kleinanlage auf dem Dach (kleiner 30 kWp) im Jahr 2021 zwischen 1.000 und 1.600 €/kWp ohne Mehrwertsteuer aus. Die mittleren Investitionskosten einschließlich Mehrwertsteuer betrugen nach einer Auswertung der Angebotspreise im Zeitraum 1/2017 und 9/2018 in Nordrhein-Westfalen etwa 1.591 Euro/kWp laut HTW (2019), also ca. 12.887 Euro für die Anlage mit 8,1 kWp.
Dies deckt sich mit den Angaben, die die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen auf ihrer Homepage macht (2020). Dort wird ein Preis von 13.203 Euro brutto angenommen.[5] Die aktuellen Preise (Januar 2022) liegen mitunter deutlich höher, weil insbesondere Lieferengpässe durch die Corona-Krise die Preise treiben. Beim Anbieter E.ON beispielsweise kostet bereits eine kleinere Anlage mit nur 7 kWp Leistung mindestens 14.800 Euro inkl. Montage.[6] Im Referenzszenario werden die mittleren Anschaffungskosten aus Fraunhofer (2021) genutzt.
Laut dem Bundesverband für Energiespeicher Systeme werden nahezu 70% aller PV Anlagen mit einem Heimspeicher verbaut (BVES, 2021). Dabei wächst die Speichergröße stetig auf zuletzt 8,5 kWh im Jahr 2020.
Die Anschaffungskosten für einen Stromspeicher sinken pro Kilowattstunde für größer dimensionierte Systeme. Ein Stromspeicher mit einer Leistung von 10 kWh kostet etwa 13.000 Euro brutto, so die Angaben der HTW Berlin (2019).[7] Etwas günstigere Zahlen finden sich bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Diese geht mit Stand August 2021 von Preisen einschließlich Umsatzsteuer und Installation zwischen 800 und 1.300 Euro pro Kilowattstunde aus.[8] Laut Fraunhofer (2021) betragen die spezifischen Anlagenkosten für einen Batteriespeicher für PV-Kleinanlagen (kleiner 30 kWp, PV-Leistung zu Batteriekapazität 1:1) zwischen 500 und 1200 Euro pro kWh Nutzkapazität inklusive Installationskosten ohne Mehrwertsteuer.
Es gibt in der Realität sehr unterschiedliche Verhältnisse zwischen PV-Anlage und Batteriespeicher. Die Annahme eines Speichers von 10 kWh passt zu dem typischen 1:1 Verhältnis für PV-Kleinanlagen. Im Referenzszenario werden die mittleren Anschaffungskosten für Batteriespeicher des Segmentes aus Fraunhofer (2021) genutzt.
Die Anschaffungskosten bilden indes nur einen Teil der Gesamtkosten für eine Photovoltaik-Anlage über die Laufzeit ab. Es kommen noch Betriebskosten für Wartung, Reparatur, Service und Versicherung hinzu. Zu diesen Kosten finden sich sehr unterschiedliche Angaben in den verschiedenen Studien.
Fraunhofer (2021) geht von fixen Betriebsausgaben von 26 Euro/kWp netto aus.
HTW (2019, S. 10) veranschlagt jährliche Betriebskosten inklusive der Reparaturkosten für die PV-Anlage von etwa 210 Euro, die sich aus fixen Betriebskosten von 148 Euro zuzüglich Zählerkosten von etwa 21 Euro (da ein Erzeugungszähler bereits ab 8 kW gefordert wird) und leistungsabhängigen Kosten von 5 Euro pro kW zusammensetzen. Welche Kosten genau davon abgedeckt werden, wird allerdings nicht ganz klar.
Dabei wird von der HTW auf Rüther et al. (2018) und Reifschneider et al. (2017) verwiesen. Auf Basis einer umfassenden Datenerhebung veranschlagen Reifschneider et al. (2017, S. 36) die Betriebskosten für eine Anlage mit 10,7 kW Leistung auf ca. 400 Euro pro Jahr, worin Zählermiete (10 Euro), Versicherung (60 Euro) sowie technische Betriebsführung in Form von Wartung, Inspektion, Fernüberwachung (180 Euro) und wirtschaftliche Betriebsführung in Form der Steuerberatung (150 Euro) inkludiert sind. Der Austausch defekter Bestandteile wie z.B. des Wechselrichters wird nicht näher thematisiert. Dieser Betrag liegt deutlich höher als die Betriebskosten für dieselbe Anlagengröße in HTW (2019). Allerdings bezieht sich die Auswertung der Befragung von Anlagenbetreibern zu ihren Betriebskosten auf Anlagengrößen pauschal bis zu 30 kW, ohne dass kleinere Anlagen differenziert betrachtet werden.
Es wird deutlich, dass die Betriebskosten generell sehr unterschiedlich ausfallen und dadurch auch die Wirtschaftlichkeitsrechnung gedreht werden kann. Es wird davon ausgegangen, dass Wechselrichterkosten in den Betriebskosten nach HTW (2019) und Fraunhofer (2021) enthalten sind.
Das komplexe Bild bezüglich der anzunehmenden Betriebskosten wird durch weitere Beobachtungen verstärkt.
Online-Expertenportale wie energie-experten.org beziffern die Kosten für die Wartung der Solaranlage in Form von Instandhaltungskosten, Reinigungskosten, Betriebskosten und Kosten für Versicherungen einer typischen Solaranlage für ein Einfamilienhaus auf 150 bis 250 Euro pro Jahr.[9] Die Wartungskosten werden dabei auf pauschal etwa 110 Euro pro Jahr geschätzt. Die Versicherung (Betreiber-Haftpflicht und Allgefahren-Versicherung) wird in Vergleichsportalen mit ca. 100 Euro im Jahr angegeben.[10] Im Allgemeinen sind Photovoltaik-Anlagen zwar wartungsarm, aber bei Sturmschäden, Blitz und Überspannung, Schneedruck oder Brand kann dennoch ein Schadensfall eintreten. Wer das Risiko eingehen will, kann zwar auf eine Versicherung verzichten, hat dann aber auch keinen Schutz im Schadensfall.
Das Monitoring und Energiemanagement der Anlage wird in Online-Expertenportalen mit ca. 50-70 Euro pro Jahr veranschlagt (Mittelwert: 60 Euro).[11] Mit Monitoring und einer Smart-Home-App ist jederzeit ersichtlich, was die Anlage produziert, was sie ins Netz einspeist und wie viel man verbraucht. Fehler und Störungen werden sofort erkannt und können zeitnah behoben werden. Hierauf kann verzichtet werden, dann besteht aber auch keine Überwachung der Solaranlage.
Auch der Ersatz des alten Stromzählers durch einen Smart Meter (2-Wege-Zähler), der einmalig rund 250,00 Euro kostet, wird nicht weiter berücksichtigt.[12] Die Unsicherheiten bezüglich der Betriebskosten sind also groß. In den Rechnungen werden jährliche Betriebskosten aus den Studien HTW (2019) und Fraunhofer (2021) übernommen, also 210 Euro („HTW“) und 251 Euro („Fraunhofer“).
Anders als Photovoltaik-Anlagen, die über 20 bis 30 Jahre und mehr gute Erträge erwirtschaften können, und deren realistische effektive Nutzungsdauer entsprechend hier mit 25 bzw. 30 Jahre angesetzt wird, hat ein Stromspeicher eine kürzere Nutzungsdauer von etwa 10 bis 15 Jahren. Viele Hersteller garantieren eine Lebensdauer für den Solarspeicher von 10 Jahren.
Der Bundesverband Energiespeicher hält eine längere Nutzung für unproblematisch und rechnet mit 15 Jahren Nutzungsdauer bei Kleinspeichern für Wohnhäuser.[13] Verbraucherorganisationen wie die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sowie Finanztip sprechen von 10 bis 15 Jahren Lebensdauer für den Heimspeicher.[14] In HTW (2019) wird angenommen, „dass der Speicher nach einem Zeitraum von 13 Jahren getauscht werden muss und eine Ersatzinvestition in Höhe von 50% der Ausgangskosten fällig ist.”[15] Fraunhofer (2021) nimmt für den Batteriespeicher für die PV-Dach Kleinanlage (kleiner 30 kWp, 1:1) eine Lebensdauer von 15 Jahren und Batterieersatzkosten von 40-50% der Anfangsinvestition an. Für den Batteriespeicher werden wie in Fraunhofer (2021) Batterieersatzkosten von 45 % der Anfangsinvestition nach 15 Jahren und keine Betriebskosten angenommen.
Ein weiterer Kostenbestandteil ist der Austausch eines defekten Wechselrichters. Dieser wandelt den Gleichstrom der Photovoltaik-Anlage in Wechselstrom um, der für das Netz gebraucht wird. Er muss in der Regel nach etwa 10 bis 15 Jahren ersetzt werden. Ein Wechselrichter für eine Photovoltaik-Anlage mit 8,1 kWp Leistung kostet derzeit ca. 1.000 Euro. Hinzu kommen ca. 1.000 Euro für die Montage.[16] Es wird von einer Lebensdauer von 15 Jahren ausgegangen. Diese zusätzlichen Wechselrichterkosten werden in der Sensitivitätsanalyse „Wechselrichter“ betrachtet.
Steuerliche Besonderheiten sollen im Folgenden nicht besonders betrachtet werden. Alle Berechnungen werden dem Beispiel von HTW (2019) folgend mit Bruttobeträgen einschließlich Umsatzsteuer erstellt. Dies wird auch bei der Verbraucherzentrale (2017) so gehandhabt, da in dieser Betrachtung von einer Besteuerung nach der Kleinunternehmerregel ausgegangen wird.
Mit der Kleinunternehmerregelung ist z.B. beim Kauf der PV-Anlage der Bruttobetrag zu zahlen. Wer mit der PV-Anlage der Regelbesteuerung unterliegt, kann dagegen die PV-Anlage umsatzsteuerlich als Unternehmen führen und z.B. die Umsatzsteuer aus den Anschaffungskosten der PV-Anlage erstattet bekommen. Allerdings ist letzteres mit etwas höherem administrativen Aufwand verbunden.[17]
Bei den Wirtschaftlichkeitsrechnungen werden nicht nur alle verursachten Ausgaben und Einnahmen unter Berücksichtigung der Nutzungsdauer[18] einander gegenübergestellt, also die Investitionen und die laufenden Einnahmen und Ausgaben, sondern es ist auch ein kalkulatorischer Zins zu berücksichtigen. Dadurch werden zeitlich unterschiedlich anfallende Einzahlungs- und Auszahlungsströme über den gesamten Betrachtungszeitraum erfasst. Die Vergleichbarkeit wird dadurch erreicht, dass alle Zahlungsströme auf den heutigen Zeitpunkt abgezinst werden und so Gegenwartswerte ermittelt werden.
Der kalkulatorische Zins kann unterschiedliche Gesichtspunkte erfassen. In HTW (2019, S. 14) wird der kalkulatorische Zinssatz mit 2 % beziffert. Es wird eine Inflationsrate von ebenfalls 2 % angenommen, so dass der kalkulatorische Zins lediglich einen Inflationsausgleich sichert. Von einer Fremdkapitalfinanzierung wird abgesehen und von 100 % Eigenkapitalfinanzierung ausgegangen. Die Verbraucherzentrale (2017, S. 13) rechnet bei einer vollen Eigenkapitalfinanzierung mit Opportunitätskosten durch Verzicht auf eine alternativ möglich Anlage von 1 %. Für einen Photovoltaik-Kredit für Hauseigentümer verlangen Banken nach Angaben von Finanztest einen Zinssatz von ca. 2,82% bis 3,94%.[19]
Andererseits erbrachten Investitionen in den globalen Aktienmarkt laut Finanztest im Schnitt der letzten 30 Jahre einen Wertzuwachs von etwa 7% pro Jahr.[20]
Auch Opportunitätskosten spielen bei Investitionsentscheidungen eine Rolle. Bei der Wirtschaftlichkeitsrechnung in Fraunhofer (2021, S. 13) werden Diskontierungssätze genutzt, die durch marktübliche Kapitalkosten ermittelt werden und anteilig Fremdkapitalzinsen und Eigenkapitalrenditen berücksichtigen. Marktübliche Zinssätze und Renditeerwartungen werden in nominalen Werten ermittelt und dann unter Berücksichtigung einer angenommenen Inflationsrate von 1,2 % pro Jahr in reale Werte umgerechnet.
Aus der vom Investor angestrebten Eigenkapitalrendite und dem Finanzierungsverhältnis kann der durchschnittlich gewichtete Kapitalkostensatz (WACC; Weighted Average Cost of Capital) abgeleitet werden. Für PV Dach-Kleinanlagen und Batteriespeicher wird von einem Fremdkapitalanteil von 80 %, einem Fremdkapitalzins von 3 % (da z.B. Förderkredite zur Verfügung stehen) und einer Eigenkapitalrendite von 5 % ausgegangen. Der nominale gewichtete Kapitalkostensatz beträgt dann 3,4 %, der reale WACC ist 2,2 %. Dies entspricht auch dem angemessenen realen sozialen Abzinsungssatz für die Berechnung des Gegenwartswerts der sicherheitsäquivalenten Zahlungsströme öffentlicher Projekte mit generationenübergreifenden Auswirkungen (Drupp et al., 2019).
Im Folgenden werden zwei zentrale Szenarien („Fraunhofer“ und „HTW“) gerechnet, die weitgehend den Annahmen in Fraunhofer (2021) bzw. HTW (2019) folgen. Dabei werden in „Fraunhofer“ für die Anschaffungskosten und die Ersatzinvestitionen ein Mittelwert aus „niedrig“ und „hoch“ in Fraunhofer (2021) gebildet. Der Szenario-Rahmen für die Wirtschaftlichkeitsrechnung ist in Tabelle 3 dargestellt.
Tabelle 3: Szenario-Rahmen für die Wirtschaftlichkeitsrechnung
Wirtschaftlichkeitsrechnungen
Für die Wirtschaftlichkeitsrechnungen wird neben dem „Weiter so“-Szenario und dem „Kauf“-Szenario auch ein Szenario betrachtet, bei dem die Solaranlage gemietet wird.
Im Beispiel werden im Szenario „Miete“ die Mietkosten des Anbieters Enpal angenommen: Die monatliche Miete für die PV-Anlage von 8,1 kWp Leistung mit einem Speicher mit 10 kWh Kapazität beträgt im November 2021 144,50 Euro netto (172 Euro brutto).[21]
Für das Szenario „Miete“ wird zudem angenommen, dass keine Anschaffungskosten anfallen und mit der Entrichtung der Miete die Kosten für Installation und Service, Wartungen und evtl. nötige Reparaturen über die gesamte Vertragslaufzeit vollständig abgedeckt sind.[22]
Wie bereits beschrieben bestehen mögliche Risiken in langfristigen Mietverträgen mit teils komplexer Ausgestaltung. Die konkrete Ausgestaltung des Mietvertrags einer Solaranlage im Einzelnen spielt daher eine herausragende Rolle und sollte sorgsam geprüft werden, um nicht mit versteckten Kosten konfrontiert zu werden. Die vorliegende Untersuchung bezieht sich ausschließlich auf die Analyse der Wirtschaftlichkeit gemäß der dargestellten Annahmen und umfasst explizit keine Prüfung dieser Ausgestaltungsdetails in Mietverträgen.
Neben den Annahmen aus Tabelle 2 und Tabelle 3 wird eine Strompreisannahme in Anlehnung an BDI (2021) genutzt: der reale Strompreis steigt jährlich um 1 % an, ausgehend vom durchschnittlichen Niveau des Jahres 2021 in Höhe von 32,16 Cent/kWh.[23]
Mit dem jeweiligen Strompreis wird der jährliche Stromverbrauch im „Weiter so“-Szenario und der Reststromverbrauch (Autarkiegrad 76,1 %, Stromverbrauch 4.500 kWh) in den Szenarien „Kauf“ und „Miete“ bewertet. Der nicht selbst verbrauchte Stromertrag (54,5 % des Stromertrags) wird im Szenario „Kaufen“ ins Netz eingespeist und für 20 Jahre mit der Einspeisevergütung von 7,03 Cent/kWh netto (8,37 Cent/kWh brutto) vergütet.
Nach dem EEG 2021 können PV-Anlagen nach dem Ende des Förderzeitraums von 20 Jahren ins Netz einspeisen und bekommen danach eine Vergütung in Höhe des Jahresmarktwerts Solar, der sich in etwa am Börsenstrompreis orientiert. In den Szenarien „Kauf“ und „Miete“ wird daher ab dem Jahr 21 statt der Einspeisevergütung in Anlehnung an BEE (2021) ein erzielbarer Großhandelspreis von (real) 48 Euro2021/MWh angesetzt.
Die mit den verschiedenen Alternativen verbundenen Zahlungsströme (in EuroJahr t) für die Szenarien „HTW“ und „Fraunhofer“ für die einzelnen Jahre sind in Abbildung 1 dargestellt. Hier wird sehr deutlich sichtbar, dass die Ausgaben beim Szenario „Kauf“ stark konzentriert sind und größtenteils sofort anfallen, während bei den anderen Szenarien „Weiter so“ und „Miete“ die Belastungen sich über den betrachteten Zeitraum gleichmäßig verteilen.
Abbildung 1: Zahlungsströme in den verschiedenen Alternativen (Eurot)
Szenario “Fraunhofer”
Szenario “HTW”
(...)
Die Szenarien „Miete“ und „Kauf“ wiederum liegen eng beieinander, mit einem leichten Vorteil für den „Kauf“ der Solaranlage. Ab dem 21. Jahr unterscheidet sich die Betrachtung zwischen „Kauf“ und „Miete“ nicht mehr. Über die Lebensdauer wird bei der Entscheidung für eine PV-Anlage eine Verzinsung erzielt, die höher als der Zinssatz von 3,4 % im Szenario „Fraunhofer“ liegt.
Im Szenario „HTW“ werden die Annahmen aus der Studie HTW (2019) im Auftrag der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen genutzt (siehe Tabelle 3 und Tabelle 5). Dies betrifft insbesondere die Anschaffungskosten PV (12.887 Euro), die Anschaffungskosten Speicher (13.000 Euro), Batterieersatz nach 13 Jahren mit einer Ersatzinvestition in Höhe von 50% der Ausgangskosten, jährliche Betriebskosten inkl. Reparatur von 210 Euro, kalkulatorischer Zinssatz von 2 % und Inflationsrate von 2 %.
Auch in diesem Szenario zeigt sich die Vorteilhaftigkeit einer Investition in eine PV-Anlage entweder als „Kauf“ oder zur „Miete“. Diese Vorteilhaftigkeit ist sogar noch deutlicher ausgeprägt als im Szenario „Fraunhofer“. Die Verzinsung liegt über die Lebensdauer ebenfalls deutlich über dem Zinssatz von 2% im Szenario „HTW“. Das Mietmodell schneidet unter den gemachten Annahmen besser ab. Abbildung 2 zeigt die relative Vorteilhaftigkeit von „Kauf“ und „Miete“ gegenüber einem „Weiter so“ ohne PV-Anlage als prozentualer Vergleich der Nettobarwerte.
Die Abbildung 3 zeigt die Barwerte der Zahlungsströme der Ausgaben und Einnahmen für die beiden Szenarien „Fraunhofer“ und „HTW“ in allen Varianten „Weiter so“, „Kauf“ und „Miete“ in ihren Bestandteilen im Detail. Es wird deutlich, dass die Zahlungsströme sich nicht nur in ihrer zeitlichen Abfolge, sondern auch in ihrer Zusammensetzung massiv zwischen den verschiedenen Alternativen unterscheiden.
Wie bereits dargestellt, umfasst der Vergleich der Barwerte im Kern nur die finanzielle Bewertung der Alternativen im engeren Sinne. Die Betrachtung der zeitlichen und sachlichen Unterschiede gibt aber einen guten Anhaltspunkt für eine breitere Betrachtung der Vorteilhaftigkeit der verschiedenen Optionen aus Sicht der Haushalte.
Der Vorteil der Nutzung einer PV-Anlage ist höher als in den Berechnungen erfasst, wenn Haushalte einen gesellschaftlichen Beitrag leisten wollen (soziale Präferenzen), etwas zum Umwelt- und Klimaschutz beitragen wollen (Umweltpräferenzen) oder ein inhärentes Unabhängigkeitsbedürfnis haben (Autonomiewunsch).
Demgegenüber ist der Nachteil des Kaufs einer Anlage höher als in den Berechnungen erfasst, wenn Haushalte risikoscheu sind (Risikoaversion), wenn sie bei Risiken Verluste besonders stark wahrnehmen (Verlustaversion) oder bei Entscheidungen besonders kurzfristige Kosten beachten (Gegenwartsfokus).
Aus verhaltensökonomischer Sicht sprechen gegen das Mietmodell eine mögliche persönliche Präferenz zur Beibehaltung des Status quo ohne Solaranlage, mögliche Risiken in langfristigen Verträgen mit teils komplexer Ausgestaltung und dass der Eigentumsübergang der Anlage mit Verzögerung von 20 Jahren weniger dem Bedürfnis nach Autonomie entspricht.
Abbildung 3: Barwerte der Zahlungsströme für die verschiedenen Szenarien (in tEUR2021)
Szenario “Fraunhofer”
Szenario “HTW”
Sensitivitätsanalysen
Neben dem Vergleich der verschiedenen Optionen unter den beiden Referenzannahmen, sollten wegen der großen Unsicherheiten verschiedenste Sensitivitätsanalysen erstellt werden.
In Abbildung 4 werden die Wirkungen von Änderungen beim Zinssatz, den Strompreisannahmen und den Betriebskosten bzw. Mietkosten illustriert. Alle diese Parameter sind über die nächsten 30 Jahren äußerst schwierig abzuschätzen, dürften im Rahmen der Energiewende und auf dem Weg zur Klimaneutralität doch massive wirtschaftliche, technische, politische und gesellschaftliche Veränderungen bevorstehen. Noch mehr sind die individuellen Zahlungsströme mit Unsicherheiten behaftet.
Die Sensitivitätsanalysen zeigen, dass bereits geringe Veränderungen in den Annahmen die Vorteilhaftigkeit der verschiedenen Optionen stark beeinflussen und die Rangfolge in den Wahlentscheidungen aus finanzieller Sicht verändern können. Entsprechend vorsichtig sind die Ergebnisse zu interpretieren.
In den Sensitivitätsanalysen wird zunächst vom Referenzszenario „Fraunhofer“ nach Fraunhofer (2021) ausgegangen und einzelne Parameterkonstellationen variiert.
In der Sensitivitätsanalyse „Verzinsung“ werden die Annahmen zum kalkulatorischen Zinssatz (2 %) und zur Inflationsrate (2 %) aus der Studie HTW (2019) genutzt.
Das Szenario „Strompreis hoch“ geht von einem Anstieg der realen Strompreise in Höhe von 2 % pro Jahr aus, während das Szenario „Strompreis niedrig“ von gleichbleibenden Realstrompreisen ausgeht.
Das Szenario „Wechselrichter“ setzt zusätzliche Kosten für den Ersatz des Wechselrichters an.
Das Szenario „Betriebskosten“ nutzt die Betriebskostenabschätzungen von Reifschneider et al. (2017) und geht von Betriebskosten in Höhe von 400 Euro im Jahr aus.
Das Szenario „Mietkosten“ geht von höheren Mietkosten in Höhe von 100 Euro im Jahr aus, die sich auch z.B. aus versteckten Betriebskosten in den Mietverträgen ergeben können. Zum Vergleich: Eine wiederkehrende Anlagenprüfung, die sich nicht im Betriebskostenansatz wiederfindet (bei drei Prüfungen je 200-400 Euro über 20 Jahre), führt zu höheren Kosten im Mietmodell von etwa 47 Euro pro Jahr.
Dann werden weitere Sensitivitätsanalyse durchgeführt, die vom Referenzszenario „HTW“ nach HTW (2019) ausgehen und wieder die einzelnen Parameterkonstellationen variieren.
In der Sensitivitätsanalyse „Verzinsung“ werden entsprechend die Annahmen zum kalkulatorischen Zinssatz (3,4 %) und zur Inflationsrate (1,2 %) aus der Studie Fraunhofer (2021) genutzt.
Unter den Referenzannahmen aus Fraunhofer (2021) sind die Optionen „Kauf“ und „Miete“ besser als ein „Weiter so“ ohne PV-Anlage. Der Kauf der Solaranlage schneidet im Vergleich besser ab als die „Miete“. Unter den Annahmen aus HTW (2019) ist es deutlich attraktiver eine PV-Anlage zu mieten oder zu kaufen. Die Option „Miete“ schneidet hier besser ab als der „Kauf“ der Anlage.
Die große Rolle der Annahmen über den kalkulatorischen Zinsfuß (und damit der Ertragserwartung) wird in den Sensitivitätsanalysen „Verzinsung“ deutlich. Eine niedrigere Verzinsung wie in HTW (2019) erhöht den Vorteil beim Vergleich der Nettobarwerte im Szenario „Fraunhofer“ deutlich. Demgegenüber reduziert eine höhere Verzinsung wie in Fraunhofer (2021) die Vorteilhaftigkeit der Entscheidung für eine PV-Anlage im Szenario „HTW“. Nur bei der „Miete“ bleibt der Vorteil für die PV-Anlage noch erhalten.
Höhere Strompreise („Strompreis hoch“) erhöhen die Vorteilhaftigkeit, verändern aber die relative Entscheidung zwischen „Miete“ und „Kauf“ in den Szenarien nicht. Bei unveränderten Strompreisen („Strompreis niedrig“) sinkt die Vorteilhaftigkeit der PV-Anlage. Bei den Standardannahmen aus „Fraunhofer“ hat ein „Weiter so“ ohne PV-Anlage auf dem Dach einen niedrigeren Nettobarwert der Kosten. Niedrigere Strompreise im Szenario „HTW“ verändern die Vorteilhaftigkeit der Investition nicht, schwächen diese aber deutlich ab.
Zusätzliche Kosten für den Wechselrichter mindern die Attraktivität der alternative „Kauf“, die Alternative „Miete“ ist unter beiden Szenarien bevorzugt. Dies gilt auch für den Fall höherer Betriebskosten.
Im Gegensatz dazu führen höhere (versteckte) Mietkosten zu einer höheren Wirtschaftlichkeit beim Kaufmodell. Im Szenario „HTW“ sind „Miete“ und „Kauf“ dann praktisch gleich auf, im Szenario „Fraunhofer“ ergibt sich ein Vorteil für das „Kauf“-Modell.
Die Sensitivitätsanalysen zeigen, dass die finanziellen Unterschiede zwischen den Optionen über 30 Jahre betrachtet geringer als gedacht sind und die Vorteilhaftigkeit sich rasch ändert. Die Reihenfolge der Alternativen in der Wirtschaftlichkeitsrechnung ist von etlichen sehr unsicheren Entwicklungen über die nächsten drei Dekaden und der persönliche Einschätzung zu den nicht-finanziellen Charakteristika der betrachteten Optionen abhängig. Entsprechend sind die Abschätzungen mit großer Vorsicht zu betrachten. Insbesondere die verhaltensökonomischen Treiber bei der Entscheidung über eine Solaranlagen sollten wissenschaftlich umfangreicher analysiert werden.
Abbildung 4: Vorteilhaftigkeit der verschiedenen Optionen gegenüber dem „Weiter so“-Szenario in verschiedenen Sensitivitätsrechnungen
Szenario „Fraunhofer“
Szenario „HTW“
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Anmerkungen
[1] Die durchschnittliche Größe von PV-Dachanlagen, mit Errichtungsort gemäß Definition Bundesnetzagentur: „Bauliche Anlagen (Hausdach, Gebäude und Fassade)“, kleiner gleich 30 kWp betrug im Jahr 2020 9,2 kWp, 2021: 9,9 kWp. Quelle: Auskunft des BSW Solar nach Bundesnetzagentur
[2] Siehe https://www.verivox.de/strom/verbraucherpreisindex
[3] Siehe https://www.solarwirtschaft.de/datawall/uploads/2021/02/EEG-Verguetungsuebersicht-Basis.pdf, abgerufen am 24.1.2022.
[4] Siehe https://www.bdew.de/service/daten-und-grafiken/bdew-strompreisanalyse/, abgerufen am 30.1.2022. Dieser Strompreis enthält den Grundpreis für Strom, der in jedem Fall gezahlt werden muss. Allerdings bestimmt die Höhe des Stromverbrauchs das Verhältnis von Arbeitspreis und Grundpreis und eine Trennung ist deshalb schwer möglich (siehe Wertschulte und Löschel, 2021). Es wird deshalb mit dem durchschnittlichen Bruttostrompreis für Haushaltskunden gerechnet. Die Sensitivitätsanalysen adressieren Unsicherheiten bezüglich des Strompreises.
[5] Siehe Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Stand: 07.07.2020, https://www.verbraucherzentrale.de/aktuelle-meldungen/energie/was-kostet-eine-photovoltaikanlage-49155, abgerufen am 24.1.2022.
[6] Siehe Kosten für schlüsselfertige Solaranlage laut E.ON (inkl. MwSt. und Montage) unter https://www.eon.de/de/pk/solar/photovoltaik-kosten.html, abgerufen am 24.1.2022.
[7] Siehe HTW (2019), S. 27.
[8] Siehe https://www.verbraucherzentrale.nrw/wissen/energie/lohnen-sich-batteriespeicher-fuer-photovoltaikanlagen-24589, Stand: 03.08.2021, abgerufen am 24.1.2022.
[9] Siehe https://www.energie-experten.org/erneuerbare-energien/photovoltaik/betrieb/wartung#c23080
[10] https://www.photovoltaikversicherung-vergleichen.de/photovoltaikversicherungen-vergleichen-vergleichsrechner.html
[11] https://www.energie-experten.org/erneuerbare-energien/photovoltaik/betrieb/wartung#c23080
[12] Die neuen intelligente Messsysteme mit zertifiziertem Smart Meter Gateway haben auch deutlich höhere Messentgelte. Die Preisobergrenze liegt hier bei 100 € im Jahr.
[13] Siehe https://www.bves.de/wp-content/uploads/2016/03/FactSheet_echemisch_Li_Ionen.pdf, zuletzt abgerufen am 24.1.2022.
[14] Siehe Verbraucherzentrale NRW und https://www.finanztip.de/photovoltaik/stromspeicher/, zuletzt abgerufen am 24.1.2022.
[15] Siehe HTW (2019), S. 27.
[16] Siehe https://www.energie-experten.org/erneuerbare-energien/photovoltaik/photovoltaikanlage/kosten, zuletzt abgerufen am 2.2.2022.
[17] Weitere Informationen zu steuerlichen Aspekten finden sich z.B. hier https://www.pv-magazine.de/2021/04/01/steuertipps-umsatzsteuerpflicht-oder-kleinunternehmer/.
[18] Der Restwert bzw. Liquidationserlös am Ende des Betrachtungszeitraums ist zu berücksichtigen. Da dies weit in der Zukunft liegt und daher im Vergleich zur Investition relativ unbedeutend ist, wird dieser Aspekt oft ausgeblendet. In den Berechnungen werden die Kosten über 25 Jahre und 30 Jahre betrachtet und ein möglicher Restwert vernachlässigt.
[19] Siehe Finanztest Nr. 3/2021, unter https://www.test.de/Solaranlage-Gute-Renditen-sind-moeglich-und-so-gehts-5250676-0/?mc=spiegel.2021.solarstrom, zuletzt abgerufen am 25.1.2022.
[20] Siehe Finanztest https://www.test.de/Indexfonds-Mit-ETF-Geld-anlegen-5268799-0/, zuletzt abgerufen am 25.1.2022.
[21] Für die ersten beiden Jahre wird bei Enpal zudem ein standardisierter Rabatt gewährt, der sich insgesamt auf 360 Euro beläuft. Dieser wird nicht berücksichtigt.
[22] Enpal nennt diese Konstellation das „Rundum-Sorglos-Paket“. Nach Ablauf der 20 Jahre kann die Anlage (zum symbolischen Preis von 1 Euro) bei Enpal übernommen werden (oder kostenfrei rückgebaut und fachgerecht recycelt werden).
[23] Siehe Strompreisanalyse des BDEW unter https://www.bdew.de/media/documents/20211115_BDEW-Strompreisanalyse_November-2021.pdf, zuletzt abgerufen am 25.1.2022.