Mehr erneuerbare Energien, aber auch mehr Fossile - alles im Sinne von “bezahlbarer und sicherer Energie”. So steht es im aktuellen Koalitionsvertrag. Aber brauchen wir im Stromnetz der Zukunft wirklich mehr fossile Energien? Wir haben analysiert, vor welchen Herausforderungen das Stromnetz wirklich steht und wie man diese lösen kann.
In einer idealen Welt hat jeder Haushalt eine intelligente Energielösung: PV-Anlage, Stromspeicher, Wärmepumpe und Wallbox, alle netzdienlich von einem Energiemanager gesteuert. Damit dieses System funktioniert, braucht es aber eine technische Grundlage. Das ist der intelligente Stromzähler (Smart Meter).
Ein Smart Meter (deutsch: intelligentes Messsystem, iMSys) ist ein Stromzähler, der den Stromverbrauch im 15-Minuten-Takt misst und die genauen Verbrauchsdaten an den Stromanbieter sendet. Wie das BMWK schreibt, messen Smart Meter „nicht mehr nur den Stromverbrauch oder die eingespeiste Strommenge, um Abrechnungen erstellen zu können, sondern protokollieren auch Spannungsausfälle und versorgen die Netzbetreiber mit wichtigen Informationen, damit diese zeitgenau Erzeugung, Netzbelastung und Verbrauch weitgehend automatisiert aufeinander abstimmen können.“
Damit sind sie essenziell für die Energiewende. Das Problem: Der Smart Meter Rollout, also der flächendeckende Einbau von Smart Metern, läuft schleppend. Nur in einem Bruchteil der deutschen Haushalte sind bereits intelligente Stromzähler verbaut. Damit die Energiewende wirklich funktioniert, muss die Regierung den Smart Meter Rollout weiter beschleunigen.
Das Merit-Order-Prinzip ist ein Modell, das festlegt, in welcher Reihenfolge Kraftwerke zur Stromerzeugung eingesetzt werden. Es folgt einer einfachen Regel: Zuerst wird der Strom aus den günstigsten Quellen bezogen. Also von den Kraftwerken, die am günstigsten Strom produzieren.
Der Knackpunkt: Das Grenzkraftwerk – also das teuerste Kraftwerk, das noch benötigt wird, um die Nachfrage zu decken – bestimmt den Strompreis an der Börse. Alle Stromabnehmer müssen diesen einheitlichen Preis bezahlen („uniform pricing“, auf Deutsch: Einheitspreis).
Dadurch wird klar: Wenn wenig erneuerbare Energie im Stromnetz ist, dann ist der Strompreis hoch. Wenn viel erneuerbare Energie im Stromnetz ist, dann ist der Strompreis niedrig.
Die von der neuen Regierung angekündigte Kraftwerksstrategie muss also sicherstellen, dass sie dem Ausbau der erneuerbaren Energien nicht in die Quere kommt. Denn nur so kann der Strompreis wirklich langfristig sinken.
Wie oben erklärt: Wenn sehr viel erneuerbare Energie im Stromnetz ist, ist der Strompreis tendenziell sehr niedrig. Teilweise ist er aber sogar negativ. Das kann für Verbraucher kurzfristig gut sein, ist für den Staatshaushalt allerdings eine große finanzielle Belastung.
Warum? Weil die Einspeisung von PV-Anlagen, die vor der Verabschiedung des Solarspitzengesetzes installiert wurden, auch dann gefördert wird, wenn der Strompreis negativ ist. Da der Verkauf des Solarstroms an der Strombörse zu solchen Zeiten nichts erwirtschaftet, zahlt der Staat drauf.
Das unterbindet das Solarspitzengesetz zwar jetzt, negative Strompreise sollen langfristig aber möglichst vermieden werden.
Das Problem: Der enorme Zubau von erneuerbarer Energie führt aktuell dazu, dass negative Strompreise immer öfter auftreten. Die Lösung darf dann aber nicht sein, dass mehr fossile Energien verwendet werden. Stattdessen müssen flexible, netzdienliche Speicherkapazitäten geschaffen werden, die dabei helfen, das Netz und dadurch den Strompreis zu stabilisieren.
Eine der sinnvollsten Lösungen ist die Installation von intelligenten Energielösungen in den deutschen Haushalten. Am wichtigsten sind dabei Photovoltaikanlagen in Verbindung mit einem Stromspeicher, die von einem intelligenten Energiemanager netzdienlich gesteuert werden können. Diese schaffen genau die netzdienlichen Speicherkapazitäten, die das deutsche Stromnetz braucht.
Ein Smart Grid, an dessen Enden Smart Meter Preissignale empfangen können. Wenn die Preise aus dem Markt und dem Netz bei Kunden ankommen, investieren diese in intelligente Energielösungen, die systemdienlich gesteuert werden. Das ist das, was wir mindestens brauchen, um die Energiewende zu schaffen und einen attraktiven Strommarkt für die Zukunft zu gestalten. Die neue Bundesregierung hat jetzt die Chance, diese Themen voranzutreiben und umzusetzen. Es war noch nie dringender als jetzt.